Die AG Altgriechisch

Sicht der Schüler: Warum lernen wir Altgriechisch?

Es gibt viele Gründe Griechisch zu lernen. Einerseits ist es natürlich der philosophische Hintergrund, der die Sprache durch die Begegnung mit vielen Philosophen interessant macht. Andererseits ist der Anwendungsbereich von griechisch sehr weit: So ist das Graecum bzw. Griechischkenntnisse notwendig u. a. für das Latein-, Theologie- und Archäologiestudium. Aber auch für Philosophie und Geschichte ist es hilfreich über Sprachkenntnisse zu verfügen.

Da der Griechischunterricht auch durch Geschichte und Denken dieses Volkes aufgelockert wird, kann er eine spielerische Stütze für alle Fächer sein, die sich hauptsächlich mit Texten beschäftigen. Man kann damalige Ereignisse, Handlungen und Lehren auf die heutige Zeit beziehen und aus der Vergangenheit lernen.

Sicht des Lehrers:

meine junge Tochter fragt mich

griechisch lernen wozu

sym – pathein sage ich

eine menschliche Fähigkeit

die tieren und maschinen abgeht

lerne konjugieren

noch ist griechisch nicht verboten.

Wenn Freunde mich fragen, warum ich mich mit einer so überholten Vergangenheit beschäftige, zeige ich ihnen, wieweit unser Denken griechische Wurzeln besitzt: Die Erde ist eine Kugel mit einem Äquatorumfang von ca. 40 000 km, die Welt besteht aus Atomen, den Gegenstand an sich können wir nicht erkennen – das alles wussten schon die Griechen.

Aber wichtiger noch, wie die kürzlich verstorbene Theologin Dorothee Sölle in ihrem Gedicht geschrieben hat: Lerne konjugieren! Einer Kultur kann man nur in ihrer eigenen Sprache richtig verstehen. Dafür ist es unerlässlich Grammatik und Vokabeln zu pauken. Aber das reicht nicht! Für eine gelungene Übersetzung muss man die fremde wie die eigene Kultur verstehen. Man muss sie miteinander verbinden, d. h. man muss konjugieren (lateinisch: coniungere). Viele Fragen, die die Menschheit heute noch beschäftigen, wurden schon im 5. und 4. vorchristlichen Jahrhundert in Griechenland aufgeworfen. Erkennen, richtiges Handeln, Leben nach dem Tod sind zentrale Themen griechischer Philosophie nach Sokrates.

Heute fragen wir nach den Unterschieden zwischen den Menschen und Tieren bzw. Maschinen. In der griechischen Literatur wird das Wesen nahezu unübersetzbar bestimmt: „Vieles ist ‚gewaltig’, aber nichts ist gewaltiger’ als der Mensch.“ Oder ebenfalls in der Antigone des Sophokles: „Nicht mitzuhassen, sondern mitzulieben bin ich gekommen.“ Symphatie oder modern „Compassio“ als Wesenszug menschlicher Existenz – mit der Möglichkeit zu den absoluten Extremen des Liebens und Hassens.

Wir lernen eine fremde Kultur kennen und verlieren damit das Verhaftetsein im Augenblick. Wir schauen über den Tellerrand und denken über unsere Existenz nach, indem wir uns den Fragen früherer Menschen stellen. So verstandener Griechischunterricht erzieht zur Eigenständigkeit des Denkens und verringert so die Verführbarkeit durch heutige „Religionen“. Hartmut von Hentig, der bekannte Pädagoge, beschreibt u. a. das Griechische als ein Fach, in dem „der Mensch mehr zum Widerstand als zur Anpassung, mehr zur Einsicht als zur Information, mehr zum Absoluten als zum hier und jetzt Gültigen erzogen wird“.

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